"Blickwechsel" in unserer Kirche

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Blickwechsel der "Initiative Zusammenrücken" lud unsere Kirchengemeinde zu einer deutsch-türkischen Führung in die Pfarrkirche Mater Dolorosa ein.

Nachdem die Muslime in Deutschland am 3. Oktober wie jedes Jahr zum Tag der offenen Moschee eingeladen haben, fand am Erntedanksonntag die andere Seite der Veranstaltungsreihe „Blickwechsel“ statt. Jetzt waren unsere muslimischen Mitbürger in die katholische Kirche Mater Dolorosa eingeladen. Unter den etwa zwanzig Interessierten waren alle Generationen vertreten. Der Imam der Ulmer Moschee Israfil Polat war bereit die Erklärungen von Pfarrer Claus Stoll auf Türkisch zu übersetzen und so stand der deutsch-türkischen Begegnung nichts mehr im Wege.

Pfarrer Stoll begann die Führung mit einem Rundgang um die Kirche und wies auf deren zeltförmiges Dach hin, das zum einen auf das Volk Israel hindeutet und zum anderen auch dafür steht, dass wir Christen hier auf Erden „keine bleibende Stadt“ (Hebr 13,14) haben. Für die Heimatvertriebenen, die unsere Kirche gebaut haben, wurde dieses Nomadenleben auf ihrer Flucht real. So ist es nicht verwunderlich, dass sie ihrer Kirche die Form eines Zeltes verliehen haben. Schon jetzt wurde auch den interessierten Gemeindemitgliedern klar, dass sie heute von Pfarrer Stoll einiges lernen werden, was sie über ihre Kirche bisher nicht wussten.

 Nach dem Rundgang ging es in die Kirche. Dort richteten sich die Blicke zuerst auf den festlich geschmückten Erntedankaltar. Doch vor dem Altarraum wurde zunächst das Weihwasserbecken und die Werktagskapelle mit Taufstein und Osterkerze erkundet. Gerade nach der Taufe und den anderen Sakramenten wurde viel gefragt. So erklärte Pfarrer Stoll unter anderem, dass im Notfall jeder Mensch, auch ein Muslim, Jude oder Atheist, taufen darf und dass die Taufe alle Christen aller Konfessionen verbindet.

Im Altarraum fand sich schließlich ein weiteres „Zelt“ – der Tabernakel. Besonderes Interesse weckte aber das Opferlamm, das auf dem Kreuz im Altarraum abgebildet ist. Das Opferlamm ist auch im Islam bekannt und zeigt einmal mehr die Verbundenheit beider Religionen. Bei vielen Erklärungen konnten die muslimischen Gäste Ähnliches aus ihrem Glauben berichten. Insgesamt blieb der Eindruck, dass sich hinter den Verschiedenheiten oft unterschiedliche Ausformungen des gleichen Grundgedankens verstecken.

 Nachdem auch die Funktionen von Altar, Ambo und Tabernakel erklärt waren, gingen alle zusammen in die Sakristei. Dort gab es neben den Bildern des Papstes und des Bischofs Kelch und Schale, die Priestergewänder und einiges mehr zu sehen gab. Die letzte Station war der Beichtstuhl, bevor der Kirchenraum auf der Empore von oben betrachtet wurde.

 Beide Seiten waren mit der Begegnung sehr zufrieden und es blieb dieser eine Grundgedanke hängen:

Was immer uns auch trennt, wir glauben alle an den einen Gott und haben weit mehr gemeinsam, als man zuerst denkt.